1. |
Auf sie mit Gebrüll
02:40
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Mit beiden Händen halt ich Dir die Ohren zu.
So doll ich kann, damit du sie nicht hören musst.
Deinen Kopf drück ich ganz fest an mich.
Die kleinen Ohren meines Kindes kriegt ihr nicht.
Doch von weiten hör ich schon.
den Aufschrei der Nation.
Ohrenbetäubend hallt er schrill,
der Befehl: „“Auf Sie mit Gebrüll!“”
Die ganze Nacht sitz ich hell wach an deinem Bett
und hoffe, dass dich ihr Gekreische nicht weckt,
dass ihr Wort dich nicht am Herzen verletzt,
dass ihr Geschrei dir nicht dein Trommelfell zerfetzt.
Doch Sie kommen immer näher
und es werden immer mehr.
Ohrenbetäubend hallt es schrill,
das Kommando: „“Auf Sie mit Gebrüll!“”
Ach ja und nur so nebenbei:
Zwischen all dem Geschrei
verliert das leise Wort an Wert.
Haben wir das Schweigen verlernt?!
Denn die Menschen sind so laut
und so unfassbar taub.
Was bleibt nach all dem Lärm zurück?
In unserem Herzen ein tiefer Riss!
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2. |
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Neulich hab ich meinen Nachbarn getroffen.
Ich sagte freundlich: "Hallo“,
doch er war ziemlich erschrocken.
Nach anfänglicher Skepsis grüßte er dann zurück
und nutze die Gelegenheit zu einem kleinen Gespräch.
Es fing an mit dem Wetter; wie kalt es doch wär
und im Sommer zu heiß und der Regen im Herbst…
Ich wollt nur eben schnell den Müll wegbringen und gleich wieder rein,
da redete er sich in rage und fing fast an, zu schreien.
All die Flüchtlinge hier, hätten keine Manieren;
seien eh viel zu viele und würden sich nicht integrieren.
Wenn’s nach ihm ginge, kämen hier keiner mehr rein.
„Darf man sowas nicht mehr sagen? Das kann ja wohl nicht sein!“
Mit überzeugter Stimme gab er mir zu verstehen,
wählen geht er nicht, und wenn, dann nur die AFD.
„Eines kann ich dir sagen“, so fuhr er ohne Pause fort:
„früher war das alles anders, kein einziger _ hier im Ort.“
Mein recht fassungsloser Blick verwirrte ihn,
doch war er lange noch nicht fertig mit seinen wilden Theorien.
Er erzählte von Fußball und seinem Lieblingsverein,
und den ganzen schwulen Fans der gegnerischen Reihen.
Kaum mehr ein deutscher Name steht noch auf den Trikots
und was ihn richtig wütend macht, das sei sein Stadionverbot.
„Naja was soll man machen“, fügte er schnell hinzu
und zeigte mir voller Stolz sein Deutschland-Tattoo.
Sein keuchender Husten hielt ihn nicht davon ab.
„Man lebt nur einmal“, sagte er und steckte sich die nächste an.
„All die Kanaken und Fidschis und wie die alle heißen,
die sollen zurück, da wo sie her kommen, und vor allem auch da bleiben!“
„Einen letzten Ratschlag geb ich dir: Lass dir bloß nichts erzählen!
Die denken alle wir sind dumm und wollen uns manipulieren.
Ich weiß, wovon ich rede, da sei dir gewiss,
nur weil ich Stolz bin auf mein Land, bin ich noch lange kein Rassist.“
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3. |
Knast
03:43
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20 harte Jahre bedeuten Lebenslang.
Elektronische Augen: in des Wärters Bann.
Gefangene Gedanken im Geist der Zeit eingebrannt.
Unendliche Freiheit hinter dieser Wand.
Das Leben fremd und unbekannt.
raus
aus diesem Wahnsinn.
Einfach raus
sofort und ohne Worte.
raus,
dem Zwang entfliehen.
Nur noch Frei.
Jeden Tag das Gleiche, Geschichten an der Wand.
Von Dem, der hier vor mir war.
Die gleichen Gedanken aus einem anderen Verstand.
Hilflos in der Ecke sitzen, auf dem Bett fliehen.
In eine andere Welt,
Weiße Bettlaken, gedreht zu einem Strick,
hängen von der Decke, brechen das Genick.
Augen werden weißer, die Haut wird Blau.
Atem entweicht, Leere entweicht,
ein Schrei der entweicht,
Blut das entweicht,
Kot der entweicht,
Urin der entweicht,
Freiheit erreicht!
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4. |
Fast geschafft
04:41
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Ich träume oft davon, dass der Tag kommt irgendwann.
Ja, ich glaube fest daran, dass sich der Mensch ändern kann.
Dann werden wir verstehen, dass es auch miteinander geht
und wir werden endlich sehen, wie schön das Leben doch ist.
Ja, ich glaube an die Kraft jedes einzelnen, mit seinem Denken und Handeln die Richtung zu bestimmen.
Ich träume von einer Zeit ohne Angst, Hass und Leid,
in der wir uns von unseren Nöten und Zwängen befreien.
Und bin ich wieder voller Zweifel,
sagt Meik: „Wir haben doch keine Wahl,
wir machen einfach weiter.“
Und dann kommt irgendwann der Tag.
An diesem Tag
werden all unsere Träume wahr
und niemand lebt mehr in Gefahr.
Wir werden ohne Sorgen wach,
finden zufrieden in den Schlaf.
Das wird der Tag,
an dem der Frieden in uns lebt,
kein Mensch und Tier getötet wird.
Wir lernen das Gute zu verstehen,
die Schönheit der Natur zu sehen.
Und fehlt mir mal der Mut zu scheitern,
geben mir Schmidtis Worte Kraft.
Er sagt: „Wir machen einfach weiter.”
Und dann kommt irgendwann der Tag.
Und fühl ich mich auch mal alleine,
sind Lars und Klatti für mich da.
Sie sagen: “Wir machen einfach weiter.”
Und dann kommt irgendwann der Tag.
Wir haben es doch fast geschafft!
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SITTENLEERE Berlin, Germany
Die Eberswalder Band Sittenleere ist ganz sicher ein Kind ihrer Zeit. Denn ohne den Einfluss der quirligen Punkszene, die
Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre Eberswalde musikkulturell in Trab hielt, hätten sich die fünf Jungs wohl nicht gefunden und entschieden, gemeinsam Musik zu machen.
Auch eine zehnjährige Auszeit konnte nicht dazu führen, dass die Fünf sich aus den Augen verloren.
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